Welche Zusatzqualifikationen sind in der Konditorei oder der Backstube sinnvoll?
Die sozusagen „natürliche“ Zusatzqualifikation bzw. Weiterbildung ist der Schritt zum Meister oder zur Meisterin. Aber das ist bei weitem nicht die einzige Möglichkeit, sich innerhalb der Back- und Konditoreibranche beruflich weiterzuentwickeln. Wer seine persönliche Perspektive eher im Managementbereich als in der Backstube sieht kann Qualifizierungen in der Lebensmitteltechnologie anstreben, als Filialleiter oder Gebietsverantwortliche. Immer wieder kommen neue Themen auf – etwa die seit 2020 in den Modellregionen Oldenburg und Münster angebotene Zusatzqualifikation „mach.werk“, bei der es um nachhaltiges Wirtschaften geht. Hier kooperieren die FH Münster und die Universität Oldenburg mit 16 Bäckereien und Konditoreien. Ziel: Die Auszubildenden sollen „Herausforderungen einer nachhaltigen Entwicklung bewerten und durch kreative Ideen bewältigen.“ Und für alle Beschäftigten im Verkauf, Management und in der Produktion gilt, dass mit Abschluss und entsprechender Berufspraxis auch ein Studium möglich wird. Auch Weiterbildungen als Betriebs-, Werbe- oder Handelsfachwirt/in werden oft gewählt, ebenso Techniker/in Lebensmittelverarbeitung.
Innerhalb der Backstube gibt es natürlich auch sehr viele Möglichkeiten, um sich mittels Weiterbildung, Zusatzqualifikation oder Fachseminaren zu spezialisieren und fortzubilden. Wer sich durch die Angebote der verschiedenen Fachschulen und Weiterbildungseinrichtungen klickt findet beispielsweise Seminare über feine Blechkuchen, warme Snacks, Backen mit Sauerteig statt Hefe oder im Holzofen. Zusatzqualifikationen als Ernährungsberater:in im Bäckerhandwerk oder zum sensorischen Sachverständigen und viele weitere Möglichkeiten. Da in die meisten Bäckereien heutzutage Café-Bereiche integriert sind, bieten sich für das Personal dort auch Zusatzqualifikationen aus dem Gastronomiebereich an. Außerdem sind hier ebenfalls Leitungsaufgaben ein Thema, etwa als künftige Filialleitung. Ebenso der Wechsel zum Bäcker oder zur Konditorin (ein Teil der Verkaufsausbildung kann anerkannt werden) oder Zusatzqualifikationen wie Rhetorik, Werbegestaltung, Social-Media-Marketing oder Verkaufspsychologie.
So viele Möglichkeiten mögen verwirrend sein. Deshalb gilt es für Unternehmen ebenso wie für Beschäftigte, grundlegende Entscheidungen zu treffen, bevor Seminare, Weiterbildungen oder Zusatzqualifikationen gebucht werden. Beschäftigte sollten sich Rechnung darüber ablegen, was ihnen in der bisherigen Ausbildung und Praxis besonders viel Spaß gemacht hat und gut gelungen ist. Denn natürlich sollten Zusatzqualifikationen zum eigenen Talent und den Vorlieben passen. Dann ist es sicherlich sinnvoll, sich zu fragen, ob eine Zusatzqualifikation dauerhaften Nutzen bringt. Computer sind nicht nur in der Verwaltung unverzichtbar, sondern auch in der Produktion auf dem Vormarsch, dieser Trend wird sich sicherlich halten. Aber ist Frontbaking tatsächlich auch in fünf oder zehn Jahren ein Kundenmagnet oder in einem Jahr schon wieder Schnee von gestern? Lohnt es sich immer noch, sich zum Barista weiterzubilden oder ist der Hype um Kaffee-Kreationen vielleicht schon im Niedergang?
Nicht nur die thematische Bandbreite bei Zusatzqualifikationen im Backhandwerk ist groß, auch Aufwand und Kosten sind es. Deshalb sollten sich auch Unternehmen fragen, wohin sie sich entwickeln wollen und welche zusätzlichen Kenntnisse sie bei ihrer Belegschaft fördern wollen, welche verzichtbar sind. Denn Beschäftigte sollten natürlich zunächst die Abstimmung mit dem Betrieb suchen, wenn es um Fortbildungen geht, und diesem möglichst auch Organisation und Finanzierung überlassen. Dabei aber nicht vergessen, dass es auch staatliche Finanzierungsmöglichkeiten gibt – angefangen beim Meister-BaföG über die Bildungsprämie, vergünstige Darlehen bei der Förderbank KfW oder regionale Fördermöglichkeiten.
Umgekehrt muss das Unternehmen nicht ausschließlich nur die eigenen Anforderungen zum Entscheidungskriterium für die Beteiligung an einer Zusatzqualifikation machen. Wertvolle Beschäftigte zu binden, indem sie bei der beruflichen Fortentwicklung unterstützt werden, ist auch eine legitime Motivation. Zumal besser ausgebildetes Personal grundsätzlich ein positiver Faktor für das Unternehmen ist und bei Vorliegen einer guten betrieblichen Innovationskultur solcher Wissenszuwachs leicht in neue Geschäfts- oder Produktideen münden kann. Neben den traditionellen Fortbildungsstätten der Branche – insbesondere natürlich die Akademie Deutsches Bäckerhandwerk in Weinheim samt den Landesakademien – bieten auch die Handwerkskammern Seminare an. Das Konditorenhandwerk hat ebenfalls seine eigenen Fachschulen, Akademien und Berufsbildungszentren. Berufliche Schulen und immer mehr Hochschulen sind weitere Anlaufstellen und nicht zuletzt bieten private Bildungseinrichtungen Weiterbildungen und Zusatzqualifikationen an.