Per Lüge zum neuen Job?
Immer wieder kommen gefälschte Lebensläufe oder Zeugnisse in die Öffentlichkeit. Selbst an Unikliniken wurden bereits falsche Ärzte beschäftigt, sogar als Chirurg mit angeblich zwei Doktortiteln. In den 1980er und 90er Jahren wurde ein Briefträger berühmt, der mehrfach mit gefälschtem Lebenslauf und Zeugnissen Anstellungen erhielt, bis hin zum Oberarzt. Eine frühere Bundestagsabgeordnete machte Schlagzeilen, weil sie ihren Lebenslauf gefälscht hatte. Eine Umfrage von Robert Half unter deutschen Personalern zeigt, dass fast drei Viertel bereits Bewerber oder Bewerberinnen wegen falscher Angaben aussortiert haben.
Fließender Übergang
Im Lebenslauf finden sich Lügen meist bei fachlichen Kompetenzen, gefolgt von Berufserfahrung, Sprachkenntnissen, Aufgaben bei früheren Arbeitgebern und dem Bereich Abschlüsse und Qualifikationen. Die Übergänge sind fließend, die Ex-Abgeordnete hatte beispielsweise als Schulabschluss „Abitur“ angegeben. Tatsächlich aber hatte sie nicht die allgemeine Hochschulreife – nur diese heißt Abitur – sondern die Fachhochschulreife erlangt. Mag man das noch als Versuch des „Aufhübschens“ sehen – immerhin hatte sie ja eine Berechtigung zum Studium – so war ihr angebliches Jura-Studium dann aber frei erfunden. Solche Versuche, den Lebenslauf aufzuhübschen haben ihren Auslöser nicht nur in der Persönlichkeit. Sieht man sich manche Stellenausschreibungen und die verlangten Qualifikationen an, liegt es nahe, in den ständig steigenden Anforderungen, die nicht immer vom realen Jobprofil gedeckt sind, eine Mitverantwortung zu sehen. Beispiel Sprachkenntnisse: Verhandlungssicheres Englisch, so könnte man meinen, zählt mittlerweile zum Standard selbst bei Stellen, bei denen es unwahrscheinlich ist, dass dort regelmäßig oder überhaupt einmal auf Englisch verhandelt werden muss. Um ein paarmal im Jahr an einer Konferenzschaltung mit englischsprachigen Bereichen des Unternehmens teilzunehmen, braucht es kein C1-Niveau, es reicht meist auch B2 (fließend in Wort und Schrift) oder B1 (Teilnahme am täglichen Leben möglich, gehobenere Konversationen).
Der schmale Grat zwischen aufhübschen und lügen
„Die Braut aufhübschen“ ist eine bekannte Redewendung und hat nichts mit dem Friseurbesuch und einem tollen Kleid zu tun. Aufhübschen meint auch: Das Pferd oder Auto für den Verkauf schönen, die Umsätze des Unternehmens für eine Übernahme aufblasen oder eben den eigenen Lebenslauf auf die Anforderungen einer Stelle passend machen. Die Möglichkeiten sind vielfältig, Bewerber und Bewerberinnen sollten nie aus den Augen verlieren: Sich hübsch zu machen, mag noch angehen, Lügen sind tabu. Und Sie sollten sich fragen wie schnell eine Aufhübschung entdeckt wird? Personaler sind nicht zimperlich, es gibt sogar Detekteien, die Bewerber-Checks zur Überprüfung der Angaben im Lebenslauf anbieten. Sicherlich ist diese Maßnahme nur bei hochdotierten Schlüsselpositionen zu erwarten und hier auch aus Sicht des Unternehmens angemessen. Internetrecherchen über Bewerber per Google und in Facebook, Xing, LinkedIn und weiteren sozialen Netzwerken sind aber mittlerweile Standard. Selbst mit solch einfachen Methoden kann manche Lüge schnell aufgedeckt werden – beispielsweise wenn Löcher im Lebenslauf in Wahrheit eine Auszeit waren, aber als berufliche Auslandsstation verkauft werden und auf Instagram dann Fotos von den Stränden dieser Welt gefunden werden. Auch Anrufe bei vorigen Arbeitgebern sind keine Seltenheit und man kann nie wissen, ob es nicht vielleicht sogar persönliche Netzwerke gibt, die solche Nachfragen noch erleichtern und beschleunigen.
Ehrlichkeit als Pluspunkt
Auffällig sind stets unkonkrete Angaben, etwa wenn für Beschäftigungsstationen nur Jahreszahlen genannt werden, keine Monate oder konkrete Eintrittsdaten. Hinter der Angaben „2020 – 2021 Firma XY“ kann eine Beschäftigungsdauer von zwei Jahren stehen (Januar 2020 bis Dezember 2021) oder von sechs Wochen (Eintritt 1. Dezember 2020, Kündigung in der Probezeit Mitte Januar 2021). Personaler werden danach fragen. Besser ist es, Lücken mit Weiterbildungen (Achtung: Zeugnis oder Bescheinigung vorhanden?) oder Auslandsaufenthalten zu kaschieren. Die kann man sich ja auch selbst organisieren zur persönlichen Weiterentwicklung, sollte dann aber auf Nachfrage auch sinnvolle Erkenntnisse präsentieren können. Oder schlicht die Wahrheit schön zu verpacken – berufliche Neuorientierung statt Arbeitslosigkeit. Wenn die Qualifikationen passen, muss das kein Hinderungsgrund für eine Einstellung sein. Ehrlichkeit wird oft sogar als Pluspunkt gewertet.
Es drohen hohe Strafen, Schadenersatz und fristlose Kündigung
Lügen haben kurze Beine, auch im Bewerbungsverfahren. Es fängt an mit dummen Fehlern wie etwa unterschiedlichen Angaben im Anschreiben und Lebenslauf oder mit Diskrepanzen zwischen CV und Angaben bei Xing oder LinkedIn. Es geht weiter mit unterschiedlichen Schriftarten oder ähnlichen Indizien und endet im Bewerbungsgespräch, wenn dort ein Native Speaker sitzt und plötzlich vom Deutschen ins Englische wechselt. Oder wenn ein höheres letztes Jahresgehalt als tatsächlich verdient angegeben wurde und die Frage nach dem monatlichen Verdienst kommt. Wer dann erst rechnen muss, ist schon so gut wie durchgefallen. Vergessen Sie nie, dass Personalabteilungen großer Firmen, aber auch erfahrene Personaler in kleinen Betrieben oft hunderte, manchmal tausende Bewerbungen gesehen haben. Dass sie darauf spezialisiert sind, sich ein gründliches und wahres Bild von Menschen zu machen. Das ist ihr Job. Und denken Sie an die Konsequenzen: Möglicherweise kann sogar Betrug ins Spiel kommen, ein mit bis zu fünf Jahren Haft bedrohtes Verbrechen, jedenfalls aber Schadenersatzansprüche, so ein Schaden verursacht wurde. Aber selbst wenn diese beiden Möglichkeiten selten sein mögen – wenn Sie sich eine Stelle mit gefälschten Angaben erschleichen, ist das ein Grund für die sofortige, fristlose Kündigung wegen arglistiger Täuschung. Selbst noch Jahre nach Ende Ihrer Probezeit.