Wie wird unser Unternehmen ein attraktiver Arbeitgeber?
Die im letzten Herbst veröffentlichte Umfrage einer der weltweit größten Zeitarbeitsfirmen unter 4000 Menschen in Deutschland, die Arbeit haben oder suchen, brachte durchaus spannende Ergebnisse. Denn auf den beiden vordersten Plätzen mit Zustimmungswerten von jeweils knapp 70 Prozent landeten die Merkmale „Arbeitsplatzsicherheit“ sowie „Attraktives Gehalt und Sozialleistungen“. Das sind nun wirklich eher klassische Wünsche von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern und keine sonderlich extravaganten Anforderungen an die Arbeitgeberattraktivität. Die Plätze 3 und 5 werden von eher weichen und moderneren Kriterien belegt („Angenehme Arbeitsatmosphäre“ bzw. „Work-Life-Balance“), aber mit Platz 4 („Finanzielle Stabilität des Arbeitgebers“) belegt noch ein weiteres klassisches Kriterium einen der vorderen Plätze. Viele gehypte Merkmale für Arbeitgeberattraktivität wie Schulungsmöglichkeiten, Homeoffice oder mobiles Arbeiten, eine gesellschaftlich verantwortliche Aufgabe oder Diversität folgen erst auf den weiteren Plätzen. Der beliebte Dienstwagen ist überhaupt nicht auf den ersten elf Plätzen vertreten, außer unter „Attraktives Gehalt“ subsumiert.
Was also sollen Unternehmen tun, um ein attraktiver Arbeitgeber zu werden? Was erwarten sich Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und wie erreichen sie das? Die Antwort liegt im Großen auf der Hand und ist im betrieblichen Alltag etwas schwieriger. Denn all die Webseiten, auf denen sich fünf, sieben oder zehn „Tipps, ein attraktiver Arbeitgeber zu werden“ finden lassen, machen einen grundlegenden Denkfehler: Sie verallgemeinern zu stark. Die betriebliche Landschaft in Deutschland und im Agrobusiness ist viel zu divers, um einfache Antworten zu geben. Saison- oder Hilfsarbeitskräfte in großen landwirtschaftlichen Betrieben haben völlig andere Bedürfnisse als Beschäftigte im Agrarhandel oder das Vertriebsteam eines Landwarenhändlers.
Um ein attraktiver Arbeitgeber zu sein wäre es ein wichtiger Schritt, sich für die Bedürfnisse der Belegschaft bzw. der verschiedenen Gruppen in der Belegschaft zu interessieren. Um diese herauszufinden sind Umfragen und der Kontakt zur Arbeitnehmervertretung zwei gute Wege, denn sie signalisieren bereits Wertschätzung, noch bevor irgendeine Maßnahme ausgewählt und umgesetzt wurde. Und schließt damit gleich an das große Thema „Respekt“ an, dass ebenfalls für sehr viele Beschäftigte wichtig ist. Das zeigt eine andere große Befragung von rund 16.000 Akademikern und Akademikerinnen in Deutschland, weiteren europäischen Ländern sowie Russland, Süd-Afrika und der Türkei mit wenig bis mittlerer Berufserfahrung. Auch dort stehen harte Kriterien wie Gehalt, Arbeitsplatzsicherheit und Arbeitsbedingungen vorne, aber der Aspekt „Anerkennung“ ist erstmals in die Top-Ten gekommen. Wie sich diese Anerkennung dann zeigt, das muss natürlich wieder jedes Unternehmen für sich herausfinden – das kann mehr Geld oder ein Dienstwagen genauso sein wie familienfreundliche Arbeitszeiten oder eine höhere Gestaltungsmöglichkeit am eigenen Arbeitsplatz. Oder man bietet der Belegschaft gleich die freie Wahl, was aber den organisatorischen Aufwand erhöht. Denn alle Beschäftigte sollten sich annähernd gleich wertgeschätzt fühlen, und das mag ja bei Gehaltserhöhung, Zulage zur Altersversicherung und Dienstwagen noch einigermaßen einfach in Zahlen vergleichbar sein, nicht aber bei Leistungen wie flexibler Arbeitszeit.
Umgekehrt gilt: Beschäftigte, die nicht nur einzeln verhandeln, können ihre Forderungen leichter durchsetzen. Wenn ein Team, eine Abteilung oder ein Standort gleiche oder ähnliche Vorstellungen von einem attraktiven Arbeitgeber haben – was nicht selten ist, weil ja oft vergleichbare Bedingungen und Anforderungen herrschen – ist es viel leichter, mit diesem gemeinsam nach Umsetzungsmöglichkeiten zu suchen. Moderne Umfragetools und Kommunikationsmöglichkeiten machen es auch Einzelnen leicht, hier die Initiative zu ergreifen – und so im besten Fall auch ganz nebenbei Führungsqualitäten zu demonstrieren. Aber natürlich gibt es auch die Fälle, in denen Einzelverhandlungen das angemessene Mittel sind – hier gilt dann klassisch, dass das Ergebnis wesentlich bestimmt wird vom persönlichen Verhandlungsgeschick einerseits und zweitens vom eigenen Wert für das Unternehmen.